Vorsicht Falle: Von der Objektebene zur Beziehungsebene

2. Oktober 2010 § Ein Kommentar

Ich will versuchen, nachfolgend zu beschreiben, wie ich es ziemlich flott schaffe, oberflächliche Gespräche und vielleicht sogar Freundschaften zu beenden:

  1. Jemand erzählt mir etwas. Irgendeine Banalität, Klatsch, Tratsch, ein Erlebnis.
  2. Ich ziehe zielsicher aus der Geschichte das heraus, was es zu kritisieren, zu überdenken oder verändern gäbe. (Ich bin überzeugter Kritiker, Denker, Veränderer, vor allem bei mir selbst!)
  3. Man antwortet wegwerfend mit „Quatsch!“ oder abwehrend mit „Ja, aber…“
  4. Ich erkläre. Genaugenommen referiere ich, möglicherweise wasserfalle ich auch in einen Monolog hinein, der alle wissenschaftlichen Gesichtspunkte des Ursprungsthemas intensiv beleuchtet. Eine Art Diskussion mit mir als einzigem Teilnehmer, denn…
  5. Mein Gegenüber schweigt; sitzt vor oder neben mir, starrt ins Leere.
  6. Ich frage mich, ob ich in ein Vakuum gesprochen habe, mein Gesprächspartner ins Wachkoma gefallen ist, oder man mich schlicht müde reden lassen will. Kurz: Ich frage mich, warum jegliche Reaktion ausbleibt. Keine Antwort, keine Frage, kein Stirnrunzeln, nichts. Ich warte.
  7. Mein gequält und ratlos wirkender Zuhörer (oder auch Nichtzuhörer) spricht plötzlich – vom Wetter, vom letzten Urlaub, über Kollegen.
  8. Ich bin und zeige mich irritiert.
  9. Einziges Feedback auf meinen erklärten Versuch, etwas von meinem Wissen und von meiner Erfahrung weiterzugeben, ist: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, also sage ich besser nichts.“ oder auch: „Ich will nichts Falsches sagen.“ oder aber: „Ich habe kein Wort verstanden, ich bin halt einfach zu blöd.“ und schließlich: „Du hast halt studiert!“
  10. Ich, in dem (bestätigten!) Wissen, gut erklären zu können, mich dem intellektuellen Niveau meines jeweiligen Gegenübers anpassen zu können, bin enttäuscht. Wie kann man nur sich selbst zum reinen Zuhörer degradieren? Warum wird kein Funke Interesse geweckt? Ich kenne das bei mir selbst anders. Ganz anders.
  11. Wie nicht anders zu erwarten, ist das Gespräch damit beendet, beiderseitiger Frust füllt die Stille. Irgendwann folgt der Themawechsel. Das neue Thema: Blabla.

Was hier passiert? Ich halte mich auf der Sachebene, auch Objektebene genannt, auf. Ich spreche über Dinge. Mein Gesprächspartner aber versteht mich auf der Beziehungsebene, fühlt sich als Mensch kritisiert, vielleicht sogar angegriffen. Wie bekomme ich den Ärmsten nun dazu, zu verstehen, dass ich nicht IHN meine, sondern die SACHE? Und ihm zu erklären, dass auf der Beziehungsebene keine Lösungen gefunden, sondern nur Probleme geschaffen werden? Dass man bei Sachthemen die Beziehungsebene verlassen muss, um sich und das Thema wirklich weiterzubringen? Vermutlich – wahrscheinlich! – muss man das lernen.  Ich habe es gelernt und denke nun offenbar, dass andere es auch können. Eine geradezu klassische Fehleinschätzung! Mea culpa.

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